Auszüge aus der Rede anlässlich einer Ausstellungseröffnung 2015
von Ute Freyer M. A. (Kunsthistorikerin)
Magdalena Freund hat sich der abstrakten Malerei verschrieben und arbeitet somit in der Tradition der Informellen. Informelle Kunst, kurz auch Informel genannt, ist ein Sammelbegriff für die Stilrichtungen der abstrakten Kunst in den europäischen Nachkriegsjahren. Ursprünglich aus Paris stammend etablierte sich ab 1952 diese Stilrichtung auch in Deutschland. Eine Richtung des Informel ist der Tachismus, aus dem Französischen von „la tache“, „der Farbfleck“ abgeleitet. Im Tachismus versucht der Künstler, spontane Empfindungen und das Unbewusste durch das Auftragen von Farbflecken auf eine Leinwand darzustellen. Spontanität in der künstlerischen Produktion ist das Hauptmerkmal. Der Arbeitsprozess unterliegt keinen starren Regeln, er folgt, wie im Surrealismus, Prozessen des Unbewussten.
Wenn Magdalena Freund sagt: „Ich male aus dem Bauch heraus“, dann heißt das, dass sie versucht, an ein „Urgefühl“ zu kommen, also sich befreien will, loslösen will von eingefleischten Mustern und kopfgesteuertem Funktionieren. Das Kognitive soll bewusst ausgeschaltet werden, – automatisches Malen aus einem bestimmten Gefühl heraus setzt ein. Nur so kann sie sich auch in einen Loslösungsprozess begeben. Den „Bauch sprechen lassen“, wie es so schön heißt, wobei Magdalena Freund die Musik als Hilfsmedium einsetzt, um besser in einen intuitiven Zustand zu gelangen.
Die Künstlerin komponiert Bilder mit dimensionsreichen Farbklängen. Die Bilder strahlen Akkorde aus – in Dur und in Moll und auch in Kombination. Der Prozess ist für sie genauso wichtig wie das fertige Bild. Wenn es um den Abschluss eines Bildes geht, tritt Magdalena Freund zum Teil in einen tagelangen Prozess, um zu entscheiden, ob das Bild als fertig bezeichnet werden kann.
Was Instinkt und Intuition betrifft, so lösen ihre Bilder Emotionen aus. Der Betrachter entflieht dem Kognitiven und erhält beim Anblick ihrer Bilder expressive Impressionen, die ihm vertraute wie auch fremde Geschichten erzählen. Hell und dunkel, dicht und licht, luftig und schwer, liegend und fliegend.
Ihre Bilder sind, was Duktus, Technik, Farbigkeit und Komposition betrifft, in Gruppen zu unterteilen. Da sind einmal die flirrenden, flockigen, floralen Kompositionen, die mit kurzen schwungvollen Pinselstrichen ausgeführt einen gleichmäßigen und kontinuierlichen Bewegungs-, bzw. Lebensfluss ausstrahlen. Dann gibt es die virtuoseren Bildaufbauten, die mit strukturreichen Farbflächen Bewegtheiten und Kontroversen widerspiegeln: Trennung contra Verbindung, Ballung contra Leere, Leichtigkeit contra Schwere, Hell contra Dunkel, – und Letzteres in manchen Fällen sogar auf den Kopf gestellt. Ein ausgewogenes Austoben, losgelöst von Zeit und Raum, als Struktur an sich oder in Strukturabläufen, wie es auch ihre zwei- oder dreiteiligen Werke verdeutlichen.
Eine weitere Gruppe sind die Bilder, die abgegrenzte Formen enthalten, die wie Gegenstände eines Stilllebens zusammengestellt sind, im Grunde nichts Bestimmtes darstellen, aber dennoch an Bestimmtes erinnern.
Magdalena Freund berührt Herz und Seele, indem sie mittels Farbklängen Farbsymphonien kreiert, die Gefühlsstimmungen freisetzen. Jedes Bild schwingt in einem anderen Rhythmus. Und jedes Bild beschreibt eine andere Stimmung. Gültigkeiten verlagern sich so wie auch technisches Know-How erweitert wird.
Vielsagend im Ausdruck sind ihre Bilder und sie zeigen auch, dass abstrakte Kunst gar nicht so abstrakt ist, auch wenn wir nichts oder kaum etwas Gegenständliches in den Bildern entdecken.
Die Welt ist mehr als nur die Dinge, die wir konkret sehen und auch benennen können. Vieles davon liegt in den Arbeiten von Magdalena Freund verborgen.